Reisewirrwar
Eigentlich wollen wir ja von Singapur zurück nach Malaysia, nach Borneo. Das bedeutet aber 5000 km Flüge. Also entscheiden wir uns, die Orang Utans in Sumatra zu besuchen. Die Station dafür gibt es allerdings nicht mehr. „Ok, dann fahren wir eben mit der Fähre nach Jakarta.“ Leider fährt das Schiff aber nur einmal pro Woche und wir verpassen es um einen halben Tag. Also fahren wir in Singapur zum Flughafen. Noch nie sind wir zum Flughafen gefahren in der Absicht in den nächsten Stunden zu fliegen – und haben noch kein Ticket.
Am Schalter der Airline dann: „Wenn Sie nach Indonesien wollen, verkaufen wir Ihnen nur ein Ticket, wenn Sie uns nachweisen, dass sie auch ein Ticket für die Ausreise aus Indonesien haben.“ Also entscheiden wir mal eben aus dem Bauch, wie die Reise weiter geht und kaufen ein Ticket für die Ausreise.
Momentan haben wir jeder 9-10kg Gepäck. Da wir ein paar Kleidungsstücke gekauft haben und die obligatorische Tüte mit ein paar Lebensmitteln dabei haben, kommen wir deutlich über die 8kg, die wir bei der Abreise haben. Wir geben also ein Gepäckstück auf, nämlich die „Bärchen-Tasche“, die wir bei einer chinesischen Händlerin erstanden haben:
Und fliegen 2 Stunden später nach Jakarta.
Indonesien
Jakarta (um es vorsichtig auszudücken) gehört nicht gerade zu den schönsten Städten der Welt 😉 Wir besuchen ein altes Hafenviertel…
…und reisen weiter nach Bogor. Hierhin fahren die Bewohner von Jakarta ins Grüne. Im Westen von Java gibt es praktisch keine westlichen Touristen. Wir werden oft angesprochen – ähnlich wie in Indien. Die Leute sind supernett und extrem hilfsbereit. Im botanischen Garten werden wir von einem Trupp Indonesierinnen angehalten und es müssen erstmal Selfies gemacht werden. 🙂
Weiter geht es nach Cianjur. Dort hat Yudhi eine Art Homestay, wo wir zwei Nächte verbringen. „Was wollt ihr in Cianjur?“, fragen uns die Indonesier, „da gibt es doch rein gar nichts“. Genau deswegen fahren wir dahin. Wir machen eine „organisierte“ Tour durch Teeplantagen und Reisfelder. Organisiert ist hier „indonesisch“ zu verstehen, denn wir nehmen 4 verschiedene Transportmittel, um zu dem Teeanbaugebiet zu kommen. Ein Taxi, ein Sammeltaxi, einen Bus und die Ladefläche eines LKWs. Der Rückweg ist ähnlich.
Java ist mit 130 Millionen Menschen die dicht-bevölkertste Insel der Welt. Das merken wir an ständigem Stau. Wir brauchen momentan für 80km ca. 8 Stunden mit dem Bus. Hoffen wir mal, dass das im Osten der Insel besser wird.
Heute morgen um ca. 7:30 ist in unserer Nähe der Vulkan Merapi ausgebrochen. Es wird einen Ascheregen geben, aber ansonsten besteht für uns keine Gefahr. Da wir heute morgen abreisen, werden wir von dem Ascheregen nicht viel mitbekommen. Kein Grund zur Sorge.
Wir müssen zugeben, dass auch die anderen Städte, die wir auf Java besucht haben, nicht zu den schönsten der Welt gehören 😉 Immerhin sind manche recht grün, aber alle sind hoffnungslos überfüllt. Java ist die dichtbesiedelste Insel der Welt. Es herrscht überall Verkehrschaos bei Spitzengeschwindigkeiten von 30 km/h. Immerhin funktioniert das Bahnfahren gut.
In Yogyakarta finden wir dann doch eine schöne Ecke, nämlich den dortigen Wasserpalast:
Die Indonesier, die wir getroffen haben, sind extrem nett und hilfsbereit. Sie sind jederzeit bereit uns anzusprechen:
„Where are you from?“
„Germany“
„Where are you going?“ – Und dann kann man eigentlich nichts machen – es wird uns erklärt, wie wir dahin kommen, auch wenn wir das längst wissen. 🙂 So hat man uns auch erklärt, dass es im Wasserpalast gar kein Wasser gäbe und er auch sehr gefährlich sei. Dort warte die Batikmafia auf ahnungslose Touristen. 🙂 Außerdem stehen die Indonesier auf ähnlich seltsame Freizeit-Aktivitäten, wie die Thailänder. In Yogyakarta gibt es z.B. auf dem Alun Alun Kidul Platz jeden(!) Abend ein Fest. Da fahren die Indonesier mit bunten Tret-Autos um den Platz.
Von Yogyakarta aus fahren wir ins Grüne um dann am nächsten Tag den buddhistischen Tempel Borobudur zu besuchen.
Borobudur ist ein echtes Highlight.
Der Tempel besteht aus 9 Ebenen. Die unteren 3 stellen die Welt der Wünsche dar. Hier erzählen Reliefs über Buddhas Leben und Wirken.
Die mittleren 3 Ebenen stellen die Welt der Formen dar und die oberen 3 die formlose Welt. Diejenigen, die ihre Wünsche überwunden haben, leben in der Welt der Formen, die sie zwar wahrnehmen, aber nicht von ihnen angezogen werden. In der oberen Ebene haben erleuchtete Buddhas die Welt der Formen transzendiert und sehen die Welt als formloses Nirvana.
Wir stehen am morgen um 4 Uhr auf, um rechtzeitig zum Sonnenaufgang am Tempel zu sein. Der Grund ist nicht so sehr der Sonnenaufgang, sondern dass es dann noch kaum Touristen gibt. Später am Tag kommen Busladungen von Besuchern und indonesische Schulklassen, die dann die Touristen interviewen, um ihr Englisch zu trainieren. 😉 Wir finden das unpassend für diesen Ort und lehnen dankend ab.
In den oberen drei Ebenen ist die zentrale Pagode von perforierten kleineren Pagoden umgeben, in denen sich jeweils ein Buddha befindet.
Von oben gesehen (und für die Besucher nur schwer zu erkennen) hat Borobudur erstaunlicherweise die Form eines Mandalas aus dem Vajrayana-Buddhismus.
Wir und die anderen frühen Besucher warten hier auf die Dämmerung.
Für uns strahlt Borobudur eine besondere Ruhe und Klarheit aus. Wir sind froh, zu diesem besonderen Tempel kommen zu dürfen, auch wenn wir schon so viele wunderschöne und beeindruckende Tempel in Asien gesehen haben.
In Malang besuchen wir das Dorf Kampung Jodipan. Für ein Public Relation Praktikum haben acht Studenten dieses Slum kunterbunt angestrichen.
Auf der anderen Seite der Brücke dasselbe in blau.
Um zum Bromo zu kommen fährt uns ein Jeep immer weiter bergauf bis zum Dorf Cemoro Lawang. Unterwegs ändert sich ständig die Landschaft.
Da es hier oben für den Reisanbau zu kalt ist, gibt es zur Abwechslung Gemüsefelder mit Kartoffeln, Zwiebeln und Kohl.
Weiter geht es durch Savanne…
…und durch den „Sea of Sand“…
…endlich zum Bromo. Ich (Sabrina) bin schon seit Tagen ganz aufgeregt bei der Vorstellung, auf dem Kraterrand zu stehen und in den qualmenden Schlund zu schauen. Der Weg dorthin ist ganz schön anstrengend. Der Krater des Bromo ist ca. 2329m über dem Meeresspiegel. Auf dem letzten Stück gibt es noch eine Treppe mit 250 Stufen. Die Dimensionen sind riesig. Man beachte, wie winzig die Menschen auf den Bildern sind.
Abends laufen wir noch zu einem Aussichtspunkt. Leider hat es sich bis zu unserer Ankuft ziemlich zugezogen.
Am nächsten Morgen werden wir jedoch entschädigt.
„Könnten wir Probleme wegen des kommenden Ramadans bekommen?“
„Nein, alle Geschäfte sind offen, nur am Ende von Ramadan gibt es zwei Feiertage, da könnte es schwierig werden.“
„Prima! Dann können wir ja unbesorgt nach Banyuwangi reisen.“
…und fahren am 17.5. (am ersten Tag des Fastens) nach Probolinggo, wo wir 5 Stunden Aufenthalt haben, bis der Zug nach Banyuwangi kommt.
„Da können wir ja dann schön in ein Café mit WLAN nahe des Bahnhofs gehen, dort essen, bloggen und arbeiten, um die Wartezeit zu überbrücken.“
Aha, das Cafè hat also geschlossen, wegen Ramadan. 🙂 Kein Problem, google maps findet weitere. „Oh, auch geschlossen…“. Ich (Sabrina) habe eine Idee: Wir gehen in ein großes Hotel und setzen uns dort ins Restaurant. Die können ihre Gäste ja schlecht hungern lassen.
„Sorry, das Restaurant hat geschlossen, kommt um 18 Uhr wieder.“
Kurzum: In Probolinggo und auch in Banyuwangi läuft während Ramadan tagsüber nichts. Selbst abends sind die Leute bei ihren Familien, so dass immer noch 90% der Restaurants geschlossen bleiben.
Ein Angestellter des Hotel-Restaurants sieht uns und fragt seinen Chef. „Ok, kommt mal mit“. Wir gehen durch einen Hintereingang ins Restaurant, bekommen Essen, Fruchsäfte, Strom und WLAN“ – wie im Schlaraffenland.
So sind sie, die Indonesier. 🙂
„Der Ijen“ ist eigentlich ein Gebirge aus mehreren Vulkanen. Der Ijen Vulkan ist ein aktiver, Schwefeldampf speiender Vulkan mit einem extrem Säure-haltigen Kratersee (pH-Wert von unter 0.5 – Magensäure hat einen pH-Wert von 2, neutrales Wasser einen pH-Wert von 7).
Der Schwefeldampf verbrennt an der Luft in blauen Flammen. Da man diese nur bei Nacht sehen kann, werden wir in der Nacht um 1:30 Uhr abgeholt, fahren zum Vulkan und haben dann ca. 1 Stunde Zeit um die ca. 2000 Höhenmeter zum Kraterrand zu überwinden – ein strammer Marsch. Dann folgt bei völliger Dunkelheit eine halbe Stunde ein 300m Abstieg in den Krater. Es ist 4 Uhr morgens und wir können tatsächlich mehrere blaue Feuer sehen.
Nachts im Ijen-Krater
Die restliche „Kulisse“ sehen wir erst später, als es allmählich hell wird. Beim Abstieg begegnen wir aber schon Minenarbeitern, die ca. 60kg Schwefelbrocken in zwei Bastkörben in der Dunkelheit nach oben schleppen.
Wir haben Gasmasken dabei, denn der Wind weht den ätzenden Schwefeldampf immer wieder in unsere Richtung. Trotzdem brennt uns der Dampf in den Augen, der Lunge und sogar auf der Haut. In der Dämmerung sehen wir dann auch den Kratersee.
Unser Guide erzählt, dass man für ein paar Sekunden die Hand reinhalten kann und der See warm ist. Hier am Ufer des Kratersees werden die Schwefeldämpfe in Rohre geleitet, an denen der Schwefel kondensiert.
Die Minenarbeiter arbeiten ohne Schutzmaske in dem Dampf und brechen mit Eisenstangen Schwefelstücke ab, die sie dann in die Bastkörbchen verladen. Dann beginnt der Aufstieg mit 60kg Gewicht durch den Geröllpfad nach oben. Die Guides dirigieren uns Touristen so, dass wir nie den Weg der Arbeiter versperren, denn jeder nimmt soviel Schwefel, wie er gerade noch tragen kann.
Es gibt eine „Unterkunft“ zum Ausruhen für die Arbeiter, hinter einem Felsvorsprung, damit möglichst wenig Schwefeldämpfe im Zelt eingeatmet werden.
Die Minenarbeiter gießen aus flüssigem Schwefel kleine Figuren, um sie an die Touristen zu verkaufen.
Pro kg Schwefel erhalten die Arbeiter 1000 indonesische Rupien. Ein Arbeiter schafft pro Tag ca. 200 kg, an guten Tagen 300 kg, verdient also umgerechnet 11 bis 17 Euro. Das ist für indonesische Verhältnisse viel Geld für ungelernte Arbeiter. Schwefel wird heutzutage als Abfallprodukt aus Raffinerien industriell gewonnen. Die Schwefelmine im Ijen ist die letzte auf der Welt. Offensichtlich ist dieser Schwefelabbau noch billiger als die industrielle Gewinnung.
Einige Minenarbeiter arbeiten (unterstützt durch ein Umschulungsprogramm der Regierung) mittlerweile als Guides für Touristen. Wir eleben eine seltsame Symbiose aus Schwefelabbau und Tourismus.
Der Schweizer, Heinz von Holzen, hat den Minenarbeitern Trolleys geschenkt, so dass sie heutzutage den Schwefel nicht mehr in Bastkörben die 2000m an den Fuß des Ijen bringen müssen, sondern die Trolleys nutzen.
„Taxi, Taxi?“ Die Trolleys eignen sich nämlich auch zum Transport von Touristen.
Hier noch eine ZDF-Reportage über die Minenarbeiter.
In uns löst der Besuch des Ijen innere Konflikte aus: Arbeiten unter solchen Bedingungen darf es eigentlich nicht geben! Andererseits ist dies für bestimmte, ungelernte Arbeiter in Indonesien die einzige Arbeit, mit der sie genug Geld verdienen können, um ihre Kinder zur Schule zu schicken. Sollen wir die Arbeiter unterstützen, indem wir z.B. Schwefelfiguren kaufen oder halten wir damit die Zustände noch künstlich aufrecht? War es überhaupt richtig, dass der Schweizer die Trolleys gespendet hat und damit die Effizienz der Mine erhöht hat? – Möglicherweise gibt es auf diese Fragen keine einfachen Antworten.
Wir reisen mit der Fähre von Java nach Bali. Dort komme ich (Sabrina) endlich mal an den Strand. Wir erholen uns von der Ijen Tour und/oder arbeiten. In Pemuteran machen wir eine Schnorcheltour und sehen viele schöne bunte Fische. Nemo lässt grüßen 🙂
Im Gegensatz zu den Bewohnern auf Java haben die Balinesen eine spezielle Form des Hinduismus.
Der (noch aktive) Vulkan Gunung Agung ist allgegenwärtig.
Auf dem Weg nach Tirta Gangga (Wasser des Ganges) besichtigen wir den Tempel Pura Lempuyang Luhur. Die hinduistischen Tempel auf Bali sind farbenfroh und haben (im Gegensatz zu den Hindu-Tempeln in Indien) eine fröhliche Ausstrahlung. Die Balinesen scheinen beim Beten auch eher zu lächeln.
Wir klettern durch die Reisterrassen. Das ist gar nicht so einfach. Die Wege führen über die Trennwände der Reisfelder. Viele von ihnen enden im Nichts.
Weil uns Heinz von Holzen mit seinen Aktivitäten zu Gunsten der Schwefelminen-Arbeiter so beeindruckt hat, fahren wir für die letzte Nacht in Asien in sein Resort.