Wir fliegen nach Bogotá, Kolumbien. Da uns viele Reisende begeistert von Kolumbien erzählt haben, sind wir neugierig auf dieses Land. Die Leute sind sehr gesprächsbereit und wir bekommen reichlich Tipps, was wir uns hier in Bogotá ansehen sollen. Als erstes steigen wir auf den Monserrate, den man von überall in Bogotá aus sehen kann.
Dann laufen wir durch La Candelaria, das touristischste Viertel von Bogotá.
La Candelaria gilt ab Sonnenuntergang als gefährlich. Wir wohnen aber in einem anderen (recht wohlhabenden), sicheren Viertel (Teusaquillo).
Wir besichtigen das Polizeimuseum. Hier erhalten wir eine Führung. Die Polizistin erklärt uns, wie sehr sich Kolumbien geändert hat, seitdem gewisse Drogenbarone verhaftet bzw. erschossen wurden. Sie erklärt uns auch, wie sich der Friedensprozess mit den Rebellen (FARC) auf das Land auswirkt. Immer wieder weist sie darauf hin: „Colombia has changed!“. Durch den Frieden sind z.B. Programme möglich, die ausländische Investoren anziehen sollen. In vielen Teilen des Landes und in großen Teilen von Bogotá ist es heute sicher. Viele Probleme und Schrecken des jahrzehntelangen Bürgerkriegs sind noch nicht lange her, aber die Kolumbianer haben große Hoffnung.
Es gibt einen Saal, wo die Waffen ausgestellt sind, die die Polizei konfisziert hat.
Unser momentaner Eindruck (durch Gespäche mit Leuten) ist: Etwa die Hälfe der Bevölkerung befürwortet den Frieden (in den ländlichen Gebieten, in denen die Bevölkerung unter den Rebellen und Paramilitärs gelitten hat), während die andere Hälfte (in den Städten, wo die Bevölkerung wenig Berührung mit dem Bürgerkrieg hatte) es ablehnt mit den Terrorgruppen zu verhandeln.
Wir bleiben länger in Bogotá, um den Auto-freien Sonntag mitzuerleben. Hier werden wöchentlich bis zum frühen Nachmittag viele große Avenues für Autos gesperrt und die halbe Stadt ist mit dem Fahrrad unterwegs. Wir radeln in den Parque Simón Bolivar.
In unserem Hostel lernen wir Katherin kennen, die demnächst für ein Jahr nach Deutschland geht. Da die Eltern besorgt sind, dass es in Deutschland gefährlich ist, laden sie uns zu sich nach Hause ein. „Gibt es noch viele Nazis in Deutschland? Könnt Ihr Euch ein bisschen um unsere Tochter kümmern?“. Sie sind eine sehr herzliche Familie. Wir dürfen Panela probieren. Das ist ein heißes Zuckergetränk mit einem Löffel löslichem Kaffee, serviert mit mildem Käse und Weißbrot. Man wirft die Käsestücke in die „Panela“ und läßt sie schmelzen. Dann kann man sie herauslöffeln. Das Weißbrot wird ebenfalls in die Panela getunkt – seeehr merkwürdig! 🙂
Insgesamt 12 Stunden Busfahrt bringen uns ins kolumbianische Kaffee-Dreieck, nach Salento. Etwa 3,5km vom eigentlichen Ort entfernt quartieren wir uns in einem Hostel ein. Wir genießen die gute Luft und die Dschungelgeräusche beim Einschlafen. Zum Essen müssen wir ca. 20 Minuten laufen, um zur „Mama“ zu kommen. Sie hat einen kleinen Laden und kocht für uns. Es gibt immer eine Suppe und typisch kolumbianische Hausfrauenkost (Reis und Gemüse, wahlweise mit gebratenem Fleisch und Lulo- oder Mora-Saft).
Wir haben die Gelegenheit, einen Tag auf Jaimes Kaffeefarm zu verbringen. Er lebt allein und genießt es, Besucher auf seiner Farm zu haben. Unter seiner Anleitung können wir jeden Schritt der Kaffeeherstellung selbst durchführen. Seine Farm erzeugt alle 3 Monate ca. 1,5 Tonnen biologisch angebauten, hochwertigen Kaffee.
Nach gut zwei Stunden Kraxeln durch den Hang haben wir unsere heutige Ernte:
Während wir Kaffeekirschen pflücken, kocht Jaime für uns:
Das Fruchtfleisch der Kaffeekirschen wird als Dünger verwendet. Darin gedeihen auch die regelmäßig neu gezogenen Setzlinge. Für jeden Besucher gibt es einen neuen Kaffeebaum. Unserer heißt Marina (Martin + Sabrina). 🙂
Für hochwertigen Kaffee werden die schlechten Bohnen von Hand aussortiert.
Nur der schlechte Kaffee wird in Kolumbien dunkel geröstet. Eigentlich muss der Kaffee danach ca. 11 Stunden ruhen. Aber wir mahlen ihn kurz nach der Röstung. In Kolumbien wird der grob gemahlene Kaffee mit einem Stofffilter gerne zu „Té de Café“ aufgebrüht. Das ist eine Art Tee mit Kaffeegeschmack.
Am Nachmittag fliegen überall Kolibris herum. Jaime hat extra Zuckerwasserbehälter aufgestellt. Aber die Kolibris gehen genauso gerne an die Blüten der Büsche und Bäume. Es ist echt schwer die kleinen Flitzer zu fotografieren!
Am nächsten Tag machen wir eine Wanderung an einem Fluss zu einem Wasserfall. Die Hunde unseres Hostels scheinen uns ins Herz geschlossen zu haben und kommen die gesamte Wegstrecke (15km) mit.
Obwohl wir nur drei Nächte bleiben, kennt man uns im „Dorf“. Wenn wir an Jaimes Farm vorbeikommen, dürfen/müssen wir kurz bleiben, um Limonade zu trinken. Unsere „Mama“ lächelt, wenn sie uns sieht: „Abendessen diesmal mit oder ohne Fleisch?“. Wie alle Südamerikaner können es die Kolumbianer nur schwer verstehen, dass wir nicht zu jeder Malzeit eine ordentliche Scheibe Fleisch essen. „Wenigstens Hühnchen? Nein? Aber Ei ist ok, oder?“.
Wir fahren zurück nach Salento, um dort einen Ausflug ins Cocora Valley zu unternehmen. Dies ist bekannt für die hohen, alles überragenden Quindio Wachpalmen (ein Wahrzeichen von Kolumbien). Ein Jeep (Willys) bringt uns zum Anfang des Tals. Pro Jeep fahren immer 12 Personen mit. Zwei stehen die gesamte Fahrt über auf dem hinteren Trittbrett.
Wieder in Salento:
Am Sonntag Morgen (noch früh):
Wir bleiben im Kaffee-Dreieck und fahren in die Stadt Manizales.
Die Kolumbianer essen (fast) alles mit Käse: Kuchen, Eis, Obst…
In Manizales gibt es eine Kathedrale, die komplett aus Beton hergestellt wurde. Der Beton ist größtenteils im Rohzustand belassen und verleiht der Kathedrale eine besondere Schönheit. Wir nehmen an einer Tour teil und besteigen den Turm.
Unser Hostel ist eine echte Besonderheit. Als wir ankommen ist gerade Geek-Con, eine Convention mit kostümierten Comic Fans. Im Hostel wimmelt es von Geek Con Besuchern: Star Wars, Harry Potter und am nächsten Tag Batman und Superman. Die Hostelbesitzer sind stolz auf ihren Kaffee und nehmen mit einem „Breaking Bad“-Kaffeestand an der Convention teil. Wladimir geht seit einem halben Jahr zu einer Barista-Schule und bereitet uns morgens zum Frühstück extrem leckeren Kaffee. Er bringt mir (Martin) bei, wie man Kaffee mit einer Aeropress macht. Die Familie hat eine eigene Kaffee-Farm. Ihr Kaffee hat 84/100 Punkte auf der Skala der Specialty Coffee Association of America. Dass wir so etwas überhaupt probieren können!
Dann geht es weiter nach Salamina. Ich (Sabrina) habe Geburtstag und unser Host backt extra für mich einen Bananenkuchen.
Das Hostel liegt ca. 2,5km außerhalb von Salamina – ein bisschen in der Wildnis.
In Salamina sind wir die einzigen Touristen. Das Dorf ist völlig unberührt vom Tourismus.
Nachdem unser Host am ersten Abend für uns gekocht hat, gibt es von uns am zweiten Abend deutsche Bratkartoffeln. Das scheint Unmengen an Ameisen und Kakerlaken anzulocken. Harmlos: Nach 1 Stunde verschwinden sie wieder im (tropischen) Garten.
In den Homestays der vergangenen Wochen leben wir jeweils für ein paar Tage mit den Kolumbianern zusammen. Sie sind so offen und herzlich, dass wir das Leben der Menschen hier kennenlernen können.
In Medellin verbringen wir 3 Nächte in Laureles, einem wohlhabenden und sehr grünen Viertel (grüner als Singapur).
Medellin galt früher als die gefährlichste Stadt der Welt. Heute hat sich die Stadt total verändert und sogar eine Auszeichung für ihre Entwicklung bekommen.
Wir fahren mit der Metro und dann zweimal mit einer Seilbahn in den 1000m höher gelegenen Parque Arví. Hier gibt’s erstmal lecker vegetarisches Essen bei einer äußerst herzlichen „Mama“.
Am nächsten Tag nehmen wir an einer walking tour durch das Zentrum von Medellin teil. Unser guide erzählt, wie er und seine Familie Ende der 80er Jahre selbst Opfer von kriminellen Banden in Medellin geworden ist. Hier am Plaza de Cisneros sieht man wie die Stadt die Zustände verbessert hat. Besonders wichtig für die Verbesserung der Situation war die Schaffung von Wohnraum und kostenlosem Zugang zu Bildung.
Nahe der Kirche Veracruz sehen wir (auch aufgrund der venezulanischen Flüchtlingskriste) viele arme Leute und einige Prostituierte.
Der „Opa“ rät uns keine Cola zu trinken, dass sei ungesund und rät zum Orangensaft bei der Verkäuferin an der Ecke.
Botero wird in Kolumbien überall verehrt. Er hat der Stadt Medellin viele Skulpturen geschenkt.
Im San Antonio Park wurde eine Botero Skulptur durch einen Anschlag zerstört und mehrere Personen kamen ums Leben. Botero stiftete darauf hin eine neue und sorgte dafür, dass die beschädigte Skulptur auf dem Platz bleiben konnte.
Auf uns wirkt Medellin wie eine schöne und moderne Stadt mit guter Infrastruktur, in der wir uns sehr wohl fühlen.
Etwa 2 Stunden von Medellin entfernt gibt es eine wunderschöne Seenlandschaft um den Ort Guatapé. Wir klettern auf den El Peñón und genießen die Aussicht.
Wir können uns gar nicht satt sehen an den bunten Sockeln (zocalos) an den Häusern in Guatapé:
Wir fliegen (leider in Kolumbien schwer zu vermeiden) nach Cartagena an die Karibik. Cartagena zählt zu den schönsten Städten Südamerikas.
Wir quartieren uns in einem Hotel im Stadtteil Getsemani ein. In diesem Stadtteil geht es etwas verrückter und bunter zu.
Überall in Südamerika bieten die meisten Restaurants ein „menu del dia“ oder eine „plato del dia“ an. Die besteht in Kolumbien immer aus den gleichen Speisen: Reis, Bohnen, gebratene Banane, etwas Salat und einer (großen) Scheibe Fleisch. Beim „menu del dia“ gibt’s vorher noch eine leckere Suppe.
Alle raten uns von Santa Marta ab, weil es da angeblich nicht schön ist. Wir fahren trotzdem hin und genießen es hier. 🙂
Dann geht es in das ca. 600m höher gelegene Dorf Minca mitten im tropischen Regenwald.
Mittlerweile hat hier in Kolumbien die Regenzeit begonnen. Öfter erleben wir jetzt Schauer oder Platzregen. Alles ist dauerfeucht und es gibt jede Menge Mosquitos.
Wir besuchen das „Memorial Center de la Sierra Nevada“ und erfahren hier einiges über die bewegte Vergangenheit Mincas. Vermutlich wurde hier der erste Kaffee Südamerikas angebaut. In den 80-90er Jahren war Minca in der Hand der FARC Guerillas, dann bis vor 5 Jahren in der Hand der ultra-rechten Paramilitärs. Viele Einwohner verließen Minca und erst seit einigen Jahren blüht hier der Tourismus.
Wir buchen eine bird-watching Tour bei Cristian Manrique. Er gehört einer Gruppe von Leuten an, die versuchen, die Artenvielfalt im Regenwald um Minca zu erhalten. Er hat für uns diese Bilder mit seiner Kamera mit extra starken Zoom geschossen:
Wir besuchen den Tayrona National Park bei gut 30 Grad und ca. 90% Luftfeuchtigkeit. Hier reicht der Dschungel bis an die Strände heran. Außerdem hält der Park einen recht anspruchsvollen Weg bereit, der auf einen Berg zum „Pueblito“ führt. Das Dorf gehört den hiesigen Ureinwohnern, den Kogis. Hier im Dschungel soll es auch Kaimane und Leoparden geben.
Die Kogis verkaufen uns eine Kokosnuss.
Sabrina: „Ich hoffe wir sehen heute interessante Tiere!“. Schließlich geht es den Weg bergauf zum Pueblito. Aber erst müssen wir durch einen Wasserlauf.
Etwa 150m vor dem Pueblito gibt es eine Weggabelung. Der Weg nach rechts führt zum Dorf, der linke zu einem unbekannten Ziel. Wir hören lautes Gebrüll von rechts.
Martin: „Ein Leopard?“
Sabrina: „???!!!! Da gehe ich auf keinen Fall hin! Also ich gehe nach links!“
Martin: „Aber das ist der falsche Weg!“
Sabrina: „Ist mehr egal!“
Ich (Martin) wusste gar nicht, dass Sabrina so schnell laufen kann. 🙂 Zum Glück endet der linke Weg im Gestrüpp. Ich (Sabrina) treffe auf eine Australierin. „Das Gebrüll? Ach, das ist ein Brüllaffe. Die soll es hier geben.“ Das Gebrüll kann man bis zu 5km weit hören.
Am nächsten Tag bringt uns unser Herbergs-Papa nach Palomino. Er versucht sich mit uns zu unterhalten:
„¿Cuánto tiempo han estado en Colombia?“ (Wie lange seid ihr schon in Kolumbien?)
„Una mesa“ (ein Tisch)
[Anmerkung der Redaktion: „Un mes“ (einen Monat)]
Die schneebedeckten 5700m hohen Berge der Sierra Nevada liegen nur 42km von der Küste entfernt.
Am Abend schauen wir ein paar Kolumbianern beim Tejo zu. Bei diesem Spiel muss man einen Metal-Puck möglichst mittig in eine „Lehmkiste“ werfen. In der Mitte gibt es ein Rohr mit Knallkörpern. Wenn man die trifft, kracht es und man bekommt Extrapunkte. Derjenige der näher an die Mitte trifft, erhält einen Punkt. Den Spaß lassen sich die Kolumbianer nicht entgehen: Ich (Martin) werde eingeladen, mitzuspielen – und verliere 1 zu 12 🙂