Ijen und die Schwefelarbeiter

22-05-2018

„Der Ijen“ ist eigentlich ein Gebirge aus mehreren Vulkanen. Der Ijen Vulkan ist ein aktiver, Schwefeldampf speiender Vulkan mit einem extrem Säure-haltigen Kratersee (pH-Wert von unter 0.5 – Magensäure hat einen pH-Wert von 2, neutrales Wasser einen pH-Wert von 7).

Der Schwefeldampf verbrennt an der Luft in blauen Flammen. Da man diese nur bei Nacht sehen kann, werden wir in der Nacht um 1:30 Uhr abgeholt, fahren zum Vulkan und haben dann ca. 1 Stunde Zeit um die ca. 2000 Höhenmeter zum Kraterrand zu überwinden – ein strammer Marsch. Dann folgt bei völliger Dunkelheit eine halbe Stunde ein 300m Abstieg in den Krater. Es ist 4 Uhr morgens und wir können tatsächlich mehrere blaue Feuer sehen.

Sabrina und Martin mit blauem Feuer

die blauen Feuer

Nachts im Ijen-Krater

Die restliche „Kulisse“ sehen wir erst später, als es allmählich hell wird. Beim Abstieg begegnen wir aber schon Minenarbeitern, die ca. 60kg Schwefelbrocken in zwei Bastkörben in der Dunkelheit nach oben schleppen.

im Krater vom Ijen

Wir haben Gasmasken dabei, denn der Wind weht den ätzenden Schwefeldampf immer wieder in unsere Richtung. Trotzdem brennt uns der Dampf in den Augen, der Lunge und sogar auf der Haut. In der Dämmerung sehen wir dann auch den Kratersee.

Kawah Ijen, das größte Säurefass der Erde

Unser Guide erzählt, dass man für ein paar Sekunden die Hand reinhalten kann und der See warm ist. Hier am Ufer des Kratersees werden die Schwefeldämpfe in Rohre geleitet, an denen der Schwefel kondensiert.

Minenarbeiter

Minenarbeiter

Schwefelabbau

Die Minenarbeiter arbeiten ohne Schutzmaske in dem Dampf und brechen mit Eisenstangen Schwefelstücke ab, die sie dann in die Bastkörbchen verladen. Dann beginnt der Aufstieg mit 60kg Gewicht durch den Geröllpfad nach oben. Die Guides dirigieren uns Touristen so, dass wir nie den Weg der Arbeiter versperren, denn jeder nimmt soviel Schwefel, wie er gerade noch tragen kann.

Schwefeldämpfe

Minenarbeiter mit seiner Last

Es gibt eine „Unterkunft“ zum Ausruhen für die Arbeiter, hinter einem Felsvorsprung, damit möglichst wenig Schwefeldämpfe im Zelt eingeatmet werden.

Unterkunft für die Minenarbeiter

Schwefelabbau

ätzender Rauch im Krater

Die Minenarbeiter gießen aus flüssigem Schwefel kleine Figuren, um sie an die Touristen zu verkaufen.

flüssiger Schwefel

Pro kg Schwefel erhalten die Arbeiter 1000 indonesische Rupien. Ein Arbeiter schafft pro Tag ca. 200 kg, an guten Tagen 300 kg, verdient also umgerechnet 11 bis 17 Euro. Das ist für indonesische Verhältnisse viel Geld für ungelernte Arbeiter. Schwefel wird heutzutage als Abfallprodukt aus Raffinerien industriell gewonnen. Die Schwefelmine im Ijen ist die letzte auf der Welt. Offensichtlich ist dieser Schwefelabbau noch billiger als die industrielle Gewinnung.

Einige Minenarbeiter arbeiten (unterstützt durch ein Umschulungsprogramm der Regierung) mittlerweile als Guides für Touristen. Wir eleben eine seltsame Symbiose aus Schwefelabbau und Tourismus.

Martin testet das Gewicht

Minenarbeiter auf dem Weg nach oben

Kraterlandschaft

Krater des Ijen

Kraterlandschaft

Ijen-Gebirge

Der Schweizer, Heinz von Holzen, hat den Minenarbeitern Trolleys geschenkt, so dass sie heutzutage den Schwefel nicht mehr in Bastkörben die 2000m an den Fuß des Ijen bringen müssen, sondern die Trolleys nutzen.

„Taxi, Taxi?“ Die Trolleys eignen sich nämlich auch zum Transport von Touristen.

Trolleys

Hier noch eine ZDF-Reportage über die Minenarbeiter.

In uns löst der Besuch des Ijen innere Konflikte aus: Arbeiten unter solchen Bedingungen darf es eigentlich nicht geben! Andererseits ist dies für bestimmte, ungelernte Arbeiter in Indonesien die einzige Arbeit, mit der sie genug Geld verdienen können, um ihre Kinder zur Schule zu schicken. Sollen wir die Arbeiter unterstützen, indem wir z.B. Schwefelfiguren kaufen oder halten wir damit die Zustände noch künstlich aufrecht? War es überhaupt richtig, dass der Schweizer die Trolleys gespendet hat und damit die Effizienz der Mine erhöht hat? – Möglicherweise gibt es auf diese Fragen keine einfachen Antworten.